Vom richtigen Zeitpunkt
Nein, diesmal geht's nicht um den rechtzeitigen Boxenstopp zwecks Windelwechsel. Sondern um den richtigen Zeitpunkt für den Wechsel von der Babyschale zum nächstgrößeren Kindersitz. Auch wenn Sie es nicht erwarten können: Wechseln Sie so spät wie möglich!
Denn Babys haben einen – im Verhältnis zum gesamten Körper – extrem schweren Kopf. Rund ein Viertel der Gesamtmasse eines Babys macht allein der Kopf aus. Beim Transport gegen die Fahrtrichtung werden sowohl der Rumpf als auch der Kopf und damit auch der zarte, muskulär noch schwach entwickelte Hals gleichmäßig von der Rückenlehne der Babyschale abgestützt. Sitzt ein Kind allerdings zu früh in Fahrtrichtung, so wird im Falle einer Kollision zwar der Rumpf durch die Schultergurte gehalten, der Kopf schnellt dazwischen aber ungebremst nach vorne.
Und, die kleinere Schale ist besser geeignet um bei einem Anstoß das Kind gut zu schützen. In zu großen Schalen „klingeln“ die Kinder förmlich herum und es kommt zu höheren Belastungswerten. Die diversen Ausgleichskissen sind nur dem Komfort geschuldet und haben bei einem Crash keine Schutzfunktion.
60 Kilo Kopf
Ein 6 Monate altes Kind wiegt etwa 8 kg, sein Kopf allein bereits rund 2 kg. Bei einem Aufprall mit Tempo 50 wäre sein Kopf dann – bedingt durch die einwirkenden physikalischen Kräfte – 30-mal so schwer, er würde also kurzzeitig 60 kg wiegen. Schwerste Verletzungen der Halswirbelsäule können die Folge sein – an den Gesetzen der Physik ist eben nicht zu rütteln. Die Schlaf- oder Schlummerstellung des vorwärts gerichteten Sitzes verstärkt diesen Effekt in der Regel noch: Der Winkel zwischen Kopf und Körper wird im Fall des Aufpralls noch extremer, die Belastung für die kindliche Halswirbelsäule noch dramatischer.
Bitte warten...
Auch wenn die Beine Ihres Kindes bereits über den unteren Schalenrand hinausragen oder sogar fest gegen die Rückenlehne drücken – warten Sie noch so lange wie möglich mit dem Kindersitz-Wechsel ab. Denn die rückwärts gerichtete Transportmethode im größenmäßig passendsten System ist auch jetzt noch mit Abstand die sicherste: Körper, Hals und Kopf werden im Kollisionsfall gleichmäßig und ohne Verdrehung über die stabile Rückenlehne der Babyschale abgestützt. Kinder in rückwärts gerichteten Sitzen haben ein deutlich geringeres Verletzungsrisiko als Kinder in anderen Rückhaltesystemen.
Gute Gründe für den Wechsel
- Ihr Kind reicht mit dem Scheitel bereits nah an den oberen Schalenrand heran. Dies ist vor allem bei veralteten Babyschalen der Gruppe 0 zu früh der Fall - diese Schalen sind, da nur bis 10 Kilogramm Körpergewicht zugelassen, in der Regel auch kleiner. In diesem Fall am besten in einen größeren, aber immer noch rückwärts gerichteten Kindersitz der Gruppe 0+ oder 0+/1 wechseln.
- Ihr Kind erreicht das Grenzgewicht. Bei modernen Babyschalen der Gruppe 0+ sind das 13 Kilogramm. Kann es noch nicht aus eigener Kraft stabil sitzen, braucht es einen größeren, ebenfalls GEGEN die Fahrtrichtung gerichteten Kindersitz der Gruppe 1.
- Das Kind wehrt sich vehement gegen die halb liegende, rückwärts gerichtete Position. Kann es schon sehr gut längere Zeit selbstständig sitzen, ist ein Wechsel in einen vorerst noch rückwärts gerichteten Sitz durchaus sinnvoll. Diese Modelle kann man auch gegen Fahrtrichtung deutlich steiler stellen und, voila, damit ändert sich die Perspektive fürs Kind. Das Kind kann jetzt zumeist über den Tellerrand, nein, den seitlichen Türrand bliken und schon geht’s wieder ohne Protest weiter.
Die Transportmethode mit größeren Schalen aber weiterhin rückwärts gerichtet ist für die meisten Familien bis 2.5 bis 3 Jahre problemlos möglich.
Wann auf Sitzerhöhung wechseln?
Auch hier gilt: So spät wie möglich wechseln! Kinder sollten erst mit etwa 110 cm Körpergröße in eine Sitzerhöhung mit Rückenlehne wechseln. Dabei geht es nicht nur um Größe und Gewicht des jungen Passagiers, sondern vor allem um dessen geistige Reife. Denn ab nun wird das gute Kind in seinem Sitzkissen direkt mit dem Fahrzeug-Dreipunktgurt gesichert – und der ist frei beweglich... Eine Rückkehr in den „alten“ Sitz führt meist zu massiven Protesten. Fazit: Auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an!